Donnerstag, 9. April 2020
weitergeleitet
Das Handy summt ich schaue darauf. Ich sehe, dass ich eine Whatsapp-Nachricht bekommen habe. Es handelt sich um ein Bild. Im Zweifel ist es sogar weitergeleitet. Über welchen Weg auch immer, es ist der Weg des geringsten Widerstandes.
Es geht um das Verschicken, vermeintlich lustiger Bilder. Diese greifen meist einen aktuellen Umstand auf und geben diesen in übertriebener Weise wieder. Dies geschieht in aller Regel in Form einer Abbildung in Verbindung mit einer Bildunterschrift, die die Intention des Bildes erklärt.
Das Prinzip des Verschickens lustiger Bilder ist ein gesellschaftlicher Mechanismus, der mir vermehrt in den letzten Jahren aufgefallen ist. Dahinter können mehrere Gründe stecken. Man stelle sich ein Setting von zwei Individuen vor, A und B die sich im mindestens wöchentlichen Austausch befinden. A schickt B ein lustiges Foto. A möchte B damit vermutlich darstellen, wie schlagfertig er/ sie auf verschiedene Situationen reagieren könne. Ein dabei möglicher, unterbewusster, Denkprozess von A könnte sich in einer solchen Situation folgendermaßen anhören.”Siehe nur, wie humorvoll ich bin. Bitte nimm mich wahr und gib mir ein positives Feedback.” Ein anderes Szenario wäre es, wenn A und B in sehr unregelmäßigem Kontakt stünden. In diesem Fall könnte das Senden des Bildes auch ein Versuch der Kontaktaufnahme sein, und ließe sich vermutlich auf die Unfähigkeit des A zurückführen, eine adäquate schriftliche zu formulieren. Nun gibt es in beiden Szenarien zwei mögliche Reaktionen von B: 1. auf das Angebot eingehen oder 2. das Angebot ablehnen. Sollte B auf das Angebot von A eingehen, hat A Glück gehabt, denn er/ sie hat es geschafft sein Ziel, den Kontakt zu B wieder her zu stellen oder Anerkennung von B zu erhalten, ohne viel Mühe erreicht. Sollte B jedoch nicht darauf eingehen, liegt das vermutlich daran, dass er/ sie die Masche von A erkannt hat und sich nicht auf diese Umgehung von sozialem Einsatz einlassen möchte. In diesem Fall verliert A einen guten Kontakt, da sich der Eindruck, den B von A hat, verschlechtert.
In vielen Fällen wird nicht mal ein Bild gesendet sondern tatsächlich nur weitergeleitet. Das sendet im Zweifel eine noch schlechtere Botschaft an B. Er/ Sie könnte daraus folgendes VERSTEHEN: “Du, B, bist es mir nicht einmal wert, ein Bild eigens an dich zu senden, ich reproduziere es nur von jemand Anderem und leite es dir weiter.” Dies wäre wie gesagt nur eine mögliche Weise, wie es von B verstanden werden könnte.

Was kann aus diesem Text mitgenommen werden?
Kommunikation ist vielleicht schwerer, als Viele denken. Dabei ist stets zu beachten, wie die gesendete Nachricht beim Empfänger ankommt, und was er dort hineininterpretiert. Es ist stets wichtig sich das Ausmaßes des eigenen Handelns und die eigene Begründung dafür bewusst zu machen.

Darf ich gar keine lustigen Bilder mehr versenden oder weiterleiten?
Selbstverständlich postuliere ich nicht, dass Bilder aus dem Netz grundsätzlich schlecht für die zwischenmenschliche Kommunikation seien. Wenn ich ihnen einen Vorschlag machen darf:
Wenn sie das nächste Mal ein lustiges Bild oder das neueste Katzenvideo irgendwo finden und es gerne an jemanden versenden möchten. Machen sie sich kurz Gedanken, warum dieses Bild ihren Adressaten ansprechen könnte und schreiben sie das dazu. Auch wenn das für sie vielleicht altmodisch und überholt klingt. Die allermeisten Menschen freuen sich vielmehr über einen persönlichen Bezugspunkt als über eine einfache Kopie aus dem Internet.
In diesem Sinne wünsche ich ihnen alles Gute. Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit und ihre Zeit,

ihr Peter Lorentz

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